Drucken
Donnerstag, 01. Januar 1970
Bild Urgestein

Rund 50 Gäste kammen zum ersten Konzert im Lahnmarmor-Museum. Dazu ein Artikel von Jürgen Weil und ein weiterer Artikel aus dem Weilburger Tageblatt

Urgestein im Marmormuseum

Stephan Laux vom Helferkreis Villmar hat vergangenen Freitag auf exotischen Musikinstrumenten im passenden Ambiente des Villmarer Lahn-Marmor- Museums seine Zuhörer in eine andere Welt entführt, „in einen meditativen Zustand versetzt“, wie Museumsleiterin Nadja Bartsch es ausdrückte. Am Ende kamen aber auch sehr zur Freude des Kuratoriumsvorsitzenden Hermann Hepp und der ersten Vorsitzenden Angelika Guidry vom Helferkreis Villmar 210 Euro Spenden für die gebeutelte Familie Zirkel zusammen.

Stephan Laux erzeugt mit feinstem Fingerspitzengefühl auf Klangelementen, die häufig aus Alltagsmaterialien bestehen, Töne, mischt sie mit raffinierter Aufnahmetechnik am PC zu einem rhythmischen Ganzen und erzählt damit Geschichten, die in der Phantasie seiner Zuhörer die 380 Millionen Jahre Kalkstein-Entstehung und die schwere Arbeit der Steinmetze und Bildhauer lebendig werden lassen. So symbolisiert eine keltische Harfe aus Rosenholz und Mahagoni die Tier- und Pflanzenwelt im subtropischen Klima nahe des Äquators, wo der Villmarer Galgenberg einmal geboren wurde. Im Musikstück „Bongard“ mischt Laux die unterschiedlichen Klänge einer afrikanischen Trommel („sieht aus wie eine schwarze Vase aus Bongard“) zu einer Gesamtkomposition, untermalt mit Klavier und Flöte. Diese „Obertonflöte“ besteht aus Sanitärmaterial und stammt von einem sibirischen Musiker. Mit einem „elektronischen Blaswandler“ (EWI) – er hat die Form einer Klarinette – begleitet Laux schließlich Trommel- und Holzschalengeräusche im immer wiederkehrenden gleichförmigem Rhythmus, so dass man sich die harte Arbeit der Steinmetze am schweren Gerät und an den Riesenmarmorblöcken regelrecht vorstellen kann. Eines seiner „Lieblingsinstrumente“ ist eine „Handpan“, von einem sibirischen Trucker aus Bremstrommeln eines LKW zusammengebaut. Sie ähnelt zweier übereinander gestülpter Woks. Auf dieser Drum erzeugt Stephan Laux auf unterschiedlich tiefen Klangfeldern mit flinken Fingern Trommelwirbel, aber auch ruhige, leise Töne, mit denen er beispielsweise auch geheimnisvolle Höhlengeräusche imitiert oder zarte Schwingungen und Stimmungen erzeugt.

Die Zuhörer spürten die innere Ruhe ausstrahlende stille Freude des Musikers, die Lust am Ausprobieren, die Faszination, die von seinem Spiel mit den ungewöhnlichen Klangelementen ausgeht, die Begeisterung für eine Klangkunst, die tatsächlich den Zuhörer in einen meditativen Zustand versetzt. Zu Stephan Laux passten aber auch die humorigen Zwischenbemerkungen: „Ihr dürft in der technischen Umbaupause miteinander sprechen“ oder die Überraschung zum Ende: Mit Gesang begleitet er seine Neukomposition „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber…“ alle Instrumente kommen noch einmal zum Einsatz, um musikalisch Ehekrisen zu beschreiben und zu bewältigen. Und auch ohne den anhaltenden Applaus hätte es eine Zugabe gegeben: Sie ist eine einfühlsame Rückerinnerung an zwei Stunden anspruchsvolle Unterhaltung. Stephan Laux hat auf eine Gage verzichtet, die Einnahmen kommen Menschen in Not zugute. Nadja Bartsch hatte zum Dankeschön noch ein beziehungsreiches Geschenk: Einen Flaschenöffner aus Villmarer Marmor. Stephan Laux huscht ein Lächeln über das Gesicht.

Jürgen Weil, 2.9.2016